Freitag, 31. Juli 2009

Baden im Kanal

Foto: Allessandro della Valle - Badeszene in Bern
Der Sommer ist da und Berlin zieht es ans Wasser - bei besonders heißem Wetter auch gern hinein. Im Landwehrkanal war Baden bis in die 50er Jahre an einigen Stellen möglich. Diese innerstädtischen Bademöglichkeiten gilt es wiederherzustellen.

Vision
Am ehemaligen Studentenbad, am Urbanhafen, am ehemaligen Schöneberger Hafen, im Tiergarten und am Einsteinufer werden Badestellen bzw. Planschbereiche eingerichtet und zum Schiffsverkehr abgesichert. Baden ist hier kostenfrei möglich. Für das Abfallmanagement sind solarstrom-gespeiste Kioske zuständig, welche den gastronomischen und sonstigen Servicebedarf abdecken. Die jeweiligen Bezirke generieren auf diesen Sondernutzungsflächen zusätzliche Einnahmen mit denen gelegentliche kleine Instandhaltungen finanziert werden können.

Problem
Obwohl viele Verschmutzungsquellen in den vergangenen Jahren beseitigt wurden, gibt es nach wie vor ein großes Problem: Wenn es stark regnet, läuft die Kanalisation über und ein Gemisch aus verschmutztem Regenwasser und Abwasser aus den Haushalten fließt in den Kanal. Das geschieht 20 bis 30 Mal pro Jahr und sorgt in der Folge gelegentlich sogar für das Phänomen massenhaften Fischsterbens. Der Bau unterirdischer Regenüberlaufbecken ist aufgrund der hohen Kosten allerdings kaum finanzierbar.

Lösung
Ein Modulsystem aus miteinander verbundenen Behältern wird direkt im Kanal vor bzw. in der Nähe der Einleitungspunkte der Kanalisation installiert. Die Anlage befindet sich unterhalb der Wasseroberfläche und wird an der Gewässersohle verankert. Kommt es während starker Regenfälle zu Überläufen, nimmt das System das Abwasser auf und speichert es. Lässt der Regen nach und ist die Kanalisation nach einigen Stunden wieder frei, wird das Wasser ins Kanalisationssystem zurückgeleitet. Über den Behältern, lassen sich Sondernutzungen einrichten:
- Fuß- und Radwege, welche dann kreuzungsfrei unter den großen Brücken hindurchgeführt werden können
- Zusätzliche holzbeplankte Liege- und Sitzflächen
- Barrierefreie Anlegestellen für Paddelboote und Solartaxis
- Solartankstellen für Boote und Kioske

Wasserklärung mit ökologischem Zusatznutzen
Außerdem können zur Verbesserung der Wasserqualität Teile des Kanalufers mit hochwirksamen Schilfklärzonen ausgestattet werden. Selbst unter der Annahme dass nur an 10% der Uferlinie eine 2-3 Meter breite Schilfzone eingerichtet wird entsteht so eine wirksame Reinigungsfläche von ca 5.000m², das entspricht einer Abasserlast von ca. 1.000 Haushalten mit schwer verschmutzten Abwässern, bzw bis zu 50.000 Hauhalten, wenn nur leicht verschmutztes Grauwasser zu Grunde gelegt wird. Gleichzeitig entstehen ökologisch wertvolle Biotope.

Interessenskonflikte
Durch die Einrichtung von Badestellen, Fahrradwegen und sonstigen Sondernutzungen sowie Schilfzonen kommt es zu einer Reduzierung des befahrbaren Kanalquerschnitts um 20-25%. Eine beidseitige Befahrung mit konventionellen Dieselschiffen ist deshalb grundsätzlich ausgeschlossen. Dieselschiffe verbieten sich allerdings auch wegen des Wellenschlags und anderer Belastungen, die von diesen Verkehrsmitteln ausgehen.

Die Vision lässt sich daher nur in Verbindung mit einem Ausstieg aus der konventionellen Fahrgastschifffahrt und Übergang zu emissionsfreier Fahrgastschifffahrt realisieren, bei der deutlich schwächere Motoren und kleinere bzw strömungsoptimierte Querschnitte zum Einsatz kommen (Elektromotoren, Kunststoffverbundwerkstoffe, Katamaranbauweise etc.).

Der Denkmalschutz wehrt sich vehement gegen eine Umgestaltung der Uferbereiche. Die alten Ufermauern sollen nicht nur durchgehend erhalten, sie sollen auch frei sichtbar bleiben. Das mag an einigen Stellen (z.B. zwischen Urbanhafen und Kottbusser Brücke) durchaus attraktiv und sinnvoll sein, verhindert aber an vielen Stellen eine zeitgemäße Weiterentwicklung der Kanal-Landschaft und entspricht auch nicht der ursprünglich von Lenné entworfenen Kanalbauweise, die durchgängig schräg abfallende Ufer und sogar Schilfpflanzungen vorsah.

Diese Interessenskonflikte können nur in einem transparenten politischen Prozess unter breiter Bürgerbeteiligung verhandelt werden. Im augenblicklichen Mediationsverfahren, welches auf dem Konsensprinzip basiert, scheitert jeder Fortschritt an der Blockade durch rückwärtsgewandte Interessen. Das Mediationsverfahren ist in eine Sackgasse geraten und dient letztlich nur noch der Besitzstandswahrung. Die Auseinandersetzung um den Landwehrkanal muss wieder politisch geführt werden.

Weitere Quellen: Spree2011

Samstag, 11. Juli 2009

Für ein nachhaltiges Sanierungskonzept

Mit der Paddelparade demonstrierte das Aktionsbündnis "Landwehrkanal für Alle!" am Samstag ausdrücklich gegen den vom Wasser- und Schifffahrtsamt verfolgten und als Erfolg des "Mediationsforums Zukunft Landwehrkanal" dargestellten Plan, lediglich landschaftspflegerisch begleitete Unterhaltungsmaßnahmen an Teilen des Kanals durchzuführen. Diese Unterhaltungsmaßnahmen wären als dauerhafte Sanierung angelegt. Sie würden die jetzige Dominanz der fossilen Fahrgastschifffahrt und des Denkmalschutzes zementieren und eine weitergehende Sanierungsplanung vereiteln.

Das Aktionsbündnis fordert stattdessen die Entwicklung eines ganzheitlichen städtebaulichen Sanierungskonzeptes (Masterplan) für den Kanal, welches unter anderem folgende Aspekte beinhaltet:

- Vorrang für emissionsfreie Verkehrsmittel auf und entlang des Kanals
- Verbesserung von Aufenthaltsqualität und Erholungsmöglichkeiten
- Verbesserung der ökologischen Funktion als Biotopverbund
- kreuzungsfreie Fuß- und Radwege auf beiden Kanalseiten
- Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität
- barrierefreie Zugänglichkeit für Gehbehinderte

Wir fordern das Land Berlin auf in Abstimmung mit der Wasser- und Schifffahrtsbehörde die Entwicklung eines städtebaulichen Konzepts für den Landwehrkanal einzuleiten, welches diesen Ansprüchen gerecht wird.

Bis zur Einleitung des Verfahrens sollen provisorische Sicherungsmaßnahmen so durchgeführt werden, dass Natur und Erholungsnutzung möglichst wenig beeinträchtigt werden. In den Schleusenbereichen sollen dynamische Schadstoffmessungen durchgeführt werden.
Die Abendschau berichtete am Abend und auf der Homepage des Senders fälschlicherweise, dass die Paddelparade gegen eine konzeptlose Sanierung des Landwehrkanals vom "Verein Bäume am Landwehrkanal" organisiert wurde.

Richtig ist, dass die Paddelparade wie bereits im vergangenen Jahr das Ergebnis einer Initiative des Aktionsbündnisses "Landwehrkanal für Alle!" war.

Die Initiatoren hatten das Mediationsforum im vergangenen Sommer unter Protest verlassen, nachdem insbesondere die Reedereien Riedel sowie Stern und Kreis einen einstimmigen Beschluss zur Forderung eines ganzheitlichen Sanierungskonzeptes (Masterplan) unter breiter Bürgerbeteiligung blockierten und das Wasser- und Schifffahrtsamt selbst die Finanzierung einer Vorstudie zum Masterplan ablehnte. Das Aktionsbündnis "Landwehrkanal für Alle" kooperiert seitdem mit den Bürgerinitiativen gegen den Ausbau der Autobahn A 100 und für Veränderung der Spreeuferplanung

Wir danken Vio Mütter für die Grafik, allen, die beim Postkarten verteilen und Plakatieren geholfen haben, allen Paddlerinnen und Paddlern für ihre Teilnahme sowie der Kleinen Kapelle und Rob Longstaff für ihre musikalische Unterstützung. Extra Dank an Christian Ströbele fürs unermüdliche Fahne schwenken.

Außerdem Dank an folgende Organisationen und Firmen:

Bäume am Landwehrkanal e.V.
Bauerngarten
Radspannerei
Solarpolis
SolarWaterWorld

Mittwoch, 8. Juli 2009

Alle reden vom Wetter - Wir paddeln!


Voraussichtlich wird das Wetter kommenden Samstag launisch - das trifft auch ein wenig unsere Stimmung - passt also gut. Wir lassen uns durch ein paar Wolken genauso wenig vom Paddeln abhalten wie durch eine halbherzig angefasste, flickschusterhafte und konzeptlose Kanalreparatur, wie sie jetzt als Ergebnis ein zweijährigen Mediation unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit vom Wasser- und Schifffahrtsamt als "Erfolg verkauft" wird.

Wir setzen uns mit der Paddelparade am Samstag weiter für eine umfassende und ganzheitliche Sanierungsplanung ein, die sowohl den Bedürfnissen der Menschen nach Begegnung und Erholung und den Ansprüchen an eine naturverträgliche Stadtentwicklung gerecht wird, als auch Impulse für eine zukunftsfähige wirtschaftliche Entwicklung liefert anstatt rückwärtsgewandte Gewohnheitsrechte von Reedern und Denkmalschutz in den Vordergrund zu stellen.

Es ist für uns kein Erfolg, wenn nach zwei Jahren Mediation nicht mehr herausgekommen ist, als der Erhalt der Bäume, denn dieses Zugeständnis musste die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung bereits vor zwei Jahren aufgrund des tausendfachen Protestes machen. Es darf nicht ansonsten alles beim Alten bleiben.

Feiern wir also nicht voreilig einen Erfolg, sondern stellen wir uns auf die nächste Runde eines politischen Tauziehens um die Zukunft des Kanals und damit die Zukunft unseres Lebensraumes und unserer Nachbarschaft ein - erst recht jetzt im Superwahljahr.

Lassen wir uns aber auch nicht den Spaß am zivilen Widerstand nehmen, schmücken wir uns und unsere Boote - machen wir alle auf dieses stadtentwicklungspolitische Thema aufmerksam mit guter Musik und mit unserer Präsenz.

PS.: Freiwillige Helfende melden sich bitte am Freitag Abend ab 19 Uhr auf der Admiralbrücke